
12.07.-13.07.2024 über Calais nach East Sussex
Heute soll es wieder losgehen – unser Wohnmobil ist fertig gepackt und startklar. Wir müssen beide noch arbeiten, aber wir starten am Nachmittag in Richtung Calais in Frankreich, um von dort aus am frühen Samstagmorgen unsere gebuchte Fähre nach Großbritannien zu erreichen. Da es von uns nur rund 380 Kilometer bis Calais sind, ist dies für den Nachmittag kein Problem zu schaffen.
Insgesamt haben wir für die Fahrt leider fast 5,5 Stunden benötigt. Es gab immer wieder heftige Regengüsse und rund um Brüssel war der komplette Autobahnring über 20 Kilometer ein langer Stau.
Am frühen Abend erreichen wir dann die französische Küste und wir freuen uns, dass auch das Wetter immer besser geworden ist. Nachdem wir unseren mitgenommenen Salat zu Abend gegessen haben, sind wir noch durch die Dünen an den Strand von Oye-Plage gegangen. Wir haben einfach die frische und klare Seeluft genossen und einen schönen Sonnenuntergang über dem Meer gesehen.
Da es am Samstagmorgen bereits sehr früh mit der Einschiffung auf die Fähre losgeht, haben wir uns entschieden, direkt auf dem Parkplatz am Fährterminal zu übernachten. Es ist offiziell erlaubt, hier mit seinem Campingfahrzeug zu übernachten, um die Fähre am nächsten Morgen pünktlich zu erreichen. Leider gab es keinen Platz mehr und wir waren froh, dass uns die P&O-Mitarbeiterin erlaubte, auf einem E-Parkplatz stehen zu bleiben. Es handelt sich natürlich um einen großen, hell beleuchteten Parkplatz wo die ganze Nacht aktiver Verkehr herrscht – dies ist uns aber egal, da wir nur für rund 5 Stunden etwas Ruhe bekommen wollen. Erstaunlicherweise waren wir müde genug und haben noch etwas geschlafen.
Am frühen Samstagmorgen hieß es rechtzeitig aufstehen, genaugenommen schon um 4.30 Uhr, um unsere Fähre von Calais nach Dover zu erreichen. Da wir aber bereits die Nacht am Hafenterminal verbracht haben, war dies kein Problem für uns.
Als erstes checkten wir am P&O-Terminal (unbezahlte Werbung) ein bevor wir sowohl durch den französischen Zoll ausgereist und bereits hier durch den britischen Zoll mit Reisepass eingereist sind. Tipp: denkt seit dem Brexit bitte daran, dass man für Groß Britannien einen gültigen Reisepass benötigt – mit einem Personalausweis kommt man erst gar nicht auf die Fähre.
Dann standen wir noch fast eine Stunde in den langen Warteschlangen auf dem Parkplatz vor dem Schiff. Nach und nach wurden dann alle Fahrzeuge eingewiesen und verschwanden im Bauch der Fähre. Die Überfahrt von Calais nach Dover ist die kürzeste Fährüberfahrt nach Groß Britannien, benötigt die Fähre doch nur rund 1 Stunde und 40 Minuten für die 50 Kilometer lange Strecke über den Ärmelkanal. Durch die geringe Entfernung sieht man in eine Richtung immer Land. Entweder Frankreich im Osten oder Groß Britannien im Westen. Schon von weitem kann man dann unser Ziel eindeutig identifizieren – immer imposanter und deutlicher kommen die weißen Kreidefelsen von Dover am Horizont zum Vorschein.
In Dover angekommen, sind wir direkt noch eine Stunde weitergefahren zu unserem ersten Zwischenstopp des Tages:
Rye
Nur rund 1 Fahrstunde vom Fährhafen in Dover entfernt liegt unser erster Zwischenstopp am heutigen Tage: der kleiner bekannte Ort Rye
Rye war einst eine Insel, die völlig vom Wasser umgeben war. Noch heute sieht die Stadt aus wie eine kleine Insel, da sie auf einem Hügel liegt und die umliegende Landschaft überragt. Von hier oben aus hat man einen großartigen Rundumblick. Heutzutage sind es von hier aus mittlerweile rund 3 Kilometer bis zur Meeresküste. Rye liegt am Zusammenfluss dreier Flüsse: River Breede, River Tillingham und River Rother.
Rye ist eine Kleinstadt mit ca. 4.500 Einwohnern und gehört zur Grafschaft East Sussex. Markant sind die schönen Gassen mit ihrem typischen Kopfsteinpflaster aus der Tudor-Ära. Zum Laufen sind diese natürlich sehr suboptimal, da es sich um glatte halbrunde Steine handelt, auf denen es sich sehr schwierig laufen lässt.
Durch ihren direkten Zugang zum Meer, war Rye seinerzeit eine der bedeutendsten Hafenstädte Groß-Britanniens und gehörte zu den reichsten Küstenstädten in ganz Europa. Allerdings änderte sich dies im Laufe der Jahrhunderte, da sich die Küstenlinie durch die zunehmende Sedimentation immer weiter zurückgezogen hat. Dadurch versandeten auch die Häfen der Region und das wirtschaftliche Interesse ging verloren und im 19.Jahrhundert wurde auch der Hafen von Rye unbrauchbar. Selbst das bekannte Camber Castle wurde zur Küstenverteidigung überflüssig.
Wie in der Geschichte der meisten Hafenstädte üblich, war auch Rye ein bekanntes Schmugglernest, noch heute ranken sich zahlreiche Geistergeschichten sowie Geschichten von Schmugglern und kriminellen Handlungen um die Stadt. Durch den mittelalterlichen Charakter der Stadt passen diese Geschichten hier besonders gut zum Gesamtbild.
Im Zentrum haben wir uns dann bei unserem Stadtrundgang ein paar Sehenswürdigkeiten angeschaut:
Parish Church St. Mary
Hierbei handelt es sich um eine Kirche aus dem 12. Jahrhundert. Im Laufe der Jahrhunderte wurde hier ständig an- und umgebaut, so dass das Gebäude mittlerweile eine Mischung verschiedenster Baustile aus Norman-, Early-English, Decorated und Modern Style ist. Highlight der Kirche ist die Turmuhr aus dem Jahre 1560 – hierbei handelt es sich um die älteste Turmuhr des gesamten Königreichs. Über dem Ziffernblatt stehen links und rechts die s.g. Quarter Boys, die mit ihren Glockenschlägen die Viertelstunde anzeigen. Sehenswert ist außerdem der aus Mahagoni geschnitzte Altar aus dem 18. Jahrhundert.
Ypres Tower
Ypres Tower war die erste Befestigungsanlage von Rye aus dem Jahre 1249. Der Tower ist im für Groß Britannien typische quadratischen Stil mit 3 halbrunden Ecktürmen sowie einem freistehenden Zinnenturm erbaut. Bereits im 13./14. Jahrhundert wurde der Tower Teil der gesamten Stadtbefestigung. Im weiteren Verlauf diente der Tower dann über mehrere Jahrhunderte als Gefängnis der Stadt. Heute ist die Anlage ein Museum mit einem mittelalterlichen Garten, von wo aus man durch seine erhöhte Lage einen weiten Ausblick über die Landschaft hat.
Mermaid Street
Die Mermaid Street ist das beste und bekannteste Beispiel für die typischen Kopfsteinpflastergassen der Stadt. Hier befindet sich auch das Mermaid Inn, der Schmugglertreffpunkt aus dem 15.-17.Jahrhundert – das Gebäude hat bis heute sein historisches Gesicht bewahrt.
Landgate
Hierbei handelt es sich um das einzige noch erhaltene Stadttor von Rye aus dem 13. Jahrhundert.
Insgesamt ist Rye eine überschaubare und sehr gemütliche Kleinstadt. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, dem Örtchen einen Besuch abzustatten. Durch sein mittelalterliches Flair mit den verwinkelten Gassen hat die Stadt ein typisches „Old England Antlitz“. Bekannt ist die Stadt auch durch den Buchtitel „Catcher in the Rye“, obwohl der Roman nichts mit diesem Ort zu tun hat.
Von hier aus führte uns der Weg weiter entlang der Südküste Großbritanniens in Richtung Westen. Was wäre die Südküste ohne die berühmten und markanten Kreidefelsen entlang der Steilküste. Die Kreidefelsen bestehen hauptsächlich aus Kalkgestein, es finden sich aber auch Anteile an Flint und Löss im Gestein. An der Küste von East Sussex gibt es phantastische Kreidefelsen, die in ihrer Schönheit weitaus imposanter sind als die berühmten weißen Kreidefelsen von Dover. Beginnend im Seebad Eastborne in der Nähe von Beachy Head beginnt eine Felsenkette entlang der Küste bis zu den berühmten Seven Sisters. Auch wir haben es uns nicht nehmen lassen, dieser imposanten Landschaft einen Besuch abzustatten:
Beachy Head Lighthouse
Hierbei handelt es sich um einen Leuchtturm, der unterhalb der Klippen von Beachy Head mitten im Wasser des Ärmelkanals liegt. Er ist 33 Meter hoch und wurde 1902 als letzter Offshore-Leuchtturm erbaut. Der Leuchtturm wurde von 3 Leuchtturmwärtern betrieben und das Licht hatte eine sagenhafte Reichweite von etwas mehr als 48 Kilometern. Durch einen Kreideabsturz im Jahr 1999 wurde das Stromkabel zertrennt. Während der Reparatur ersetzte und modernisierte man die Technologie der Lampe und des Nebelhorns. Aufgrund der verbesserten Navigation der Schiffe wurde 2011 die Reichweite der Lampe auf 15 Kilometer reduziert und das Signal des Nebelhorns eingestellt. Für uns ein sehr imposantes Fotomotiv, wie der Leuchtturm hier im Meer steht und Wind und Wellen trotzt.
Birling Gap
Birling Gap ist ein kleiner Weiler (Ortschaft), der aus wenigen Fischerhäusern oben auf der Steilküste besteht. Durch die fortschreitende Erosion der Felsen sind schon viele Fischerhäuser verschwunden. Die meisten noch existierenden Häuser sind auch verlassen oder unbewohnbar. Man geht davon aus, dass auch diese Häuser durch die unaufhaltsamen Erosionen im Laufe der Zeit verschwinden und abstürzen werden. Die Kreidefelsen erreichen an dieser Stelle eine imposante Höhe von bis zu 168 Metern.
Das Besondere an dieser Stelle des Nationalparkes ist die Metalltreppe, über welche man entlang der Abbruchkante hinunter an den Kielstrand gelangt. Dementsprechend voll ist es hier, da dieser Ort von allen Touristen angefahren wird.
Von hier aus kann man bequem bis zu den Seven Sisters laufen:
Seven Sisters
Bei den Seven Sisters handelt es sich um die eindrucksvollsten Klippen der Region. Da es sich um 8 Bergkuppen und 7 Senken handelt, verwundert einem der Name. Bis ins 16.Jahrhundert handelte es sich um 7 Bergkuppen, hier erhielten die Felsen ihren Namen. Erst durch fortschreitende Erosionen entstand eine weitere Klippe, der s.g. achten Schwester – den historischen Namen hat man aber beibehalten.
Nach diesem Stopp an den imposanten Kreidefelsen der Südküste ging es zu unserem ersten Stellplatz auf einer Farm ganz in der Nähe des mondänen Seebades Brighton gelegen.