Top
  >  Europa   >  09.06.2022 – Tag 8 Nigardsbreen Gletscher

Heute hieß es erstmal gemütlich ausschlafen und in Ruhe frühstücken. Unser Programm für heute haben wir fix vorgebucht und da es nur noch 6 Kilometer bis zum Startpunkt waren, hatten wir vorher noch in Ruhe Zeit, um den Tag entspannt zu beginnen.

Lange waren wir uns nicht sicher, ob eine Gletscherwanderung für Claudias Knie realisierbar und zumutbar ist. Aber der Beschreibung nach sollte es der am leichtesten zu begehende Gletscher sein und auch für Ungeübte mit leichter Wandererfahrung machbar sein. Gewandert sind wir ja schon viel und an Fitness sollte es uns nicht mangeln. Claudia hat dann entschieden, die Herausforderung anzunehmen in der Hoffnung, dass alles gut geht.

 

Nach dem Frühstück ging es zum Parkplatz am Nigardsbrevatnet-Gletschersee, wo wir um 11.45 Uhr eine geführte Gletscherwanderung gebucht hatten: „Blau-Eis-Wanderung“. Hier trafen wir auf unseren Tourguide und weitere Gruppenmitglieder. Als erstes wurden wir mit Spikes und Pickel ausgestattet bevor die Tour losging.

 

 

Vom Seeufer aus hat man schon einen tollen Blick über den smaragdgrünen See bis hin zum Nigardsbreen. Der Gletscher ist ein Gletscherarm vom Jostedalsbreen-Gletscher. Der Jostedalsbreen-Gletscher ist der größte europäische Festlandsgletscher mit einer Ausdehnung von ca. 40×15 km bei einer Eisdicke von bis zu 500 Metern.

Man kann sich kaum vorstellen, dass da wo wir am See geparkt haben noch vor 100 Jahren der Gletscher mit einer Dicke von 50 Metern war. Hier wird einem deutlich vor Augen geführt, welche Auswirkungen die Erderwärmung auf die Gletscherschmelze hat.

Nun ging es erstmal zum Bootsanleger, wo wir in wenigen Minuten mit dem Gletscherboot ans entfernte Ufer des Sees gefahren wurden.

 

 

Ab hier hieß es nun immer steil bergauf – insgesamt hatten wir 500 Höhenmeter vor uns.
Die ersten 200 Höhenmeter ging es steil bergauf durch das Gletschergeröll. Es dauerte ca. 1 Stunde bis zur Gletscherkante, der Weg war schon eine Herausforderung an sich – gab es doch keinen eigentlichen Weg. Trittsicherheit war hier mehr als gefordert.

 

 

An der Gletscherkante hatten wir eine kurze Pause bevor wir uns mit dem Anlegen der Ausrüstung vertraut machten: Als erstes zogen wir das Harness an, eine Art Geschirr um die Beine und den Unterbauch vorne mit einem Karabinerhaken ausgestattet. Es folgten nun die Spikes an unseren Schuhen bevor wir alle der Reihen nach mit dem Karabinerhaken in ein Seil eingehakt wurden. 14 Personen bildeten eine Seilschaft mit dem Sherpa (Bergführer voran). Noch eine kurze Einweisung in die Nutzung des Pickels und es konnte losgehen.

 

 

Wir zogen als Karawane auf den Gletscher und immer weiter steil bergan. Man hatte aber extrem guten Halt durch die Spikes an den Füßen und das Gehen auf dem Eis war überhaupt kein Problem. Spätestens hier hatte Claudia dann keine Option mehr, da wir ja alle innerhalb der Seilschaft miteinander verbunden waren, d.h. man musste das Tempo mitgehen und konnte weder abbrechen noch umkehren.

 

 

 

Die ersten kleinen Gletscherspalten wurden sichtbar, kleine Wasserbäche rauschten überall und an vielen Stellen schimmerte eine bläuliche Färbung durch die obere Eisschicht hindurch.
Wir waren überrascht, wie „schmutzig“ doch die obere Eisschicht ist – sie ist voller schwarzem Gestein (Schmutzpartikel die im Eis eingeschlossen waren und nach der Gletscherschmelze an die Oberfläche kommen).

 

 

Nach rund 300 Höhenmetern hatten wir einen tollen Blick auf die schneebedeckten Gletscherflächen des Jostedalsbreen. Hier an einer relativ flachen Stelle haben wir dann auch eine kurze Rast gemacht, wo wir unser Essen und die Getränke aus dem Rucksack gepackt haben.

 

 

Nun hieß es, sich an den Abstieg über das Eis zu wagen. In weiten Bögen ging es über den Gletscher, wir sahen auf diesem Weg nochmal die Highlights der Wanderung: tiefe blaue Gletscherspalten an denen man wie bei einer Gratwanderung vorbeiging, kleine blaue Wasserseen die durch die Eisschmelze zurückbleiben, höhlenartig anmutende blaue Tunnel (in die man leider nicht hineinkonnte).

 

 

 

Wieder an der Gletscherkante angekommen, durften wir unsere Ausrüstung wieder ausziehen, aber natürlich haben wir sie den ganzen Weg hoch und nun auch wieder runtergetragen.

Das Klettern über den Felsen die 200 Höhenmeter abwärts erwies sich als deutlich mühseliger als den Aufstieg, man musste immer wieder auf seine eigene Trittsicherheit achten und den für sich besten Felsen suchen, um möglichst rutschfrei bergab zu kommen.

 

 

Nach ungefähr 5 Stunden (davon 2 Stunden auf dem Eis) haben wir dann wieder das Gletschersee-Boot erreicht, welches uns erschöpft zum Parkplatz zurückgebracht hat. Wir sind um ein einmaliges Erlebnis mit tollen Erfahrungen reicher – wenn auch völlig müde und geschafft.

Claudias persönliches Fazit war, dass alles gut geklappt hat! Allerdings wird in der Beschreibung im Internet nicht berücksichtigt, dass man vor der Gletscherbegehung eine extreme einstündige Wanderung in steilen und glatten Felsen vor sich hat. Vor allen Dingen, wenn man weiß, dass man diese Strecke auch wieder runter muss und das für das Knie viel gefährlicher ist. Am Ende ist alles gut gegangen, die Herausforderung wurde mit Bravour gemeistert auch wenn es manches mal eher kritisch war.

 

 

Wir fuhren noch kurz 70 km bis zu unserem nächsten Stellplatz in Skjolden am Ende des Sognefjordes von wo aus morgen unsere nächste Panormaroute „Sognefjellet“ zum Geirangerfjord auf dem Programm steht.